Freiwilliges Soziales Jahr in der Stiftung St. Franziskus: „Zeit gewinnen für die eigene Zukunft“

Die Sommerferien stehen vor der Tür, und so mancher Schulabgänger überlegt noch, welche Wege er in Zukunft einschlagen soll. Eine Möglichkeit der Orientierung bietet ein Freiwilliges Soziales Jahr in der Stiftung St. Franziskus. Das kann übrigens auch kürzer oder länger als zwölf Monate sein.

Rebecca Blattert ist begeistert. Vor einem Jahr entschied sich die 19-Jährige für ein Freiwilliges Soziales Jahr im Haus St. Antonius in Rottweil. In der Einrichtung, die zur Stiftung St. Franziskus gehört, leben Erwachsene mit Hörbehinderung oder -beeinträchtigung. Nach dem Abi wusste die junge Rottweilerin erst einmal nicht, wie es für sie weitergehen sollte. Zu Studium und Ausbildung fehlte der zündende Gedanke,
Reisen ins außereuropäische Ausland waren Corona bedingt nicht möglich. „Ich wollte vor allem Zeit gewinnen, um zu überlegen, was ich in Zukunft mache“, erinnert sich die junge Frau.

Haus St. Antonius: „voll cool“

Die Begeisterung ihres Bruders, der das Haus St. Antonius bereits von einem Schulpraktikum kannte und „voll cool“ fand, gab den Ausschlag. Blattert bewarb sich für ein einjähriges FSJ, bekam rasch den Zuschlag und stieg am 1. September 2021 im Förder- und Betreuungsbereich (FuB) des Hauses sein. Gemeinsam mit ihrer FSJ-Kollegin Marie und zwei Festangestellten begleitet sie seither zwölf Menschen mit Hör- oder Sehbehinderung und Taubblindheit im Alter zwischen 25 und 76 Jahren durch den Alltag. Einkaufen, Schreiben üben, spielen, spazieren gehen oder gemeinsam essen – die Arbeit ist vielfältig und interessant.

Viel gelernt

Blattert hat viel gelernt in diesem knappen Jahr. Nicht nur die Gebärdensprache und das Lormen, bei dem sie Menschen mit Hör- oder Sehbeeinträchtigung in die Handfläche hineinschreibt, auch den Umgang mit Menschen mit Behinderung im Allgemeinen. Die FSJ-lerin fühlt sich gut aufgehoben in dem Betreuungsbereich. Die Kollegen nehmen sie an die Hand, geben genaue Anleitungen, auf was sie achten muss. „Wenn man eine bisschen eine soziale Ader hat, klappt das gut“, stellt Blattert fest, die selbst seit ein paar Jahren eine Gruppe in der katholischen Jugend in Hausen leitet.

Austausch mit anderen FSJ-lern

Gefallen hat Blattert auch der Austausch mit anderen FSJ-lern aus dem ganzen Land während der fünf Seminarwochen. Themen wie Konfliktbewältigung, Beschäftigung mit Zukunftsfragen und gemeinsame Unternehmungen standen dabei auf dem Programm. Und für Urlaub nach eigenem Gusto war ebenfalls Zeit.

Über 70 Plätze in der Stiftung St. Franziskus

Rebecca Blattert ist keineswegs der einzige junge Mensch, der bei der Stiftung St. Franziskus ein soziales Jahr absolviert. Das Sozialunternehmen als eines der größten im Land bietet in den drei Bereichen Kinder- und Jugendhilfe, Behinderten- sowie Altenhilfe an zahlreichen Standorten über 70 Plätze für ein Freiwilliges Soziales Jahr, einen Bundesfreiwilligendienst 27 oder Bundesfreiwilligendienst 27+ an. „Einsteigen können junge Menschen ab 16 Jahre“, erklärt Elena Bantle, die am Hauptsitz der Stiftung in Heiligenbronn für die Berufsorientierung zuständig ist.

Hineinschnuppern möglich

Freiwillige seien gesehen in Werkstätten, Förderbereichen, Wohneinrichtungen, in Schulen und Kindergärten für Kinder und Jugendliche mit Hör- oder Sehbehinderung in Heiligenbronn und Baindt, im Familienzentrum in Villingen-Schwenningen oder in Wohngruppen für Jugendliche. Plätze gebe es zudem in diversen Alteneinrichtungen der Stiftung, etwa in Spaichingen, Tuttlingen, Rottweil und weiteren Standorten, zählt Bantle auf. Ein Hineinschnuppern in die einzelnen Bereiche sei jederzeit möglich, genau wie die Bewerbung. Dafür wäre allerdings jetzt ein idealer Zeitpunkt, um im neuen Schuljahr zu starten. Ein FSJ zu absolvieren sei im Übrigen ab sechs und bis zu 18 Monate möglich. „Das muss nicht immer ein Jahr sein, wenn es nicht in die Lebensplanung hineinpasst.“

Die Vorteile eines Sozialen Jahres liegen für die Personalentwicklerin der Stiftung auf der Hand: „Man lernt viel über sich selbst, entwickelt sich persönlich weiter und gewinnt einen Einblick in zahlreiche soziale Bereiche.“ Junge Menschen könnten sich ein Jahr lang sozial engagieren und arbeiten, ohne gleich wieder lernen zu müssen, wie in Ausbildung oder Studium. Für bestimmte Studien oder Ausbildungen sei ein FSJ zudem notwendig, gibt sie zu bedenken.

„Zeit für eigene Hobbys“

Rebecca Blattert zieht ein durchweg positives Fazit nach einem Jahr. Das FSJ sei für sie eine „sehr gute Überbrückung“ gewesen. Ich habe in mehrfacher Hinsicht davon profitiert. Die Leute mögen mich, und ich habe gelernt zu schätzen, was ich in meinen Leben habe, was ich als gesunder Mensch alles unternehmen kann. Die Arbeitszeiten ließen ihr zudem genügend Zeit für ihre eigenen Hobbys: Schwimmen beim DLRG, die KJH und ihr Fitnesstraining. Das ewige Lernen in Schule und Studium, der permanente Leistungsdruck falle weg, „Freizeit ist echte Freizeit“. Auch wenn sie nun im Herbst kein Studium im sozialen Bereich beginnt, sondern die Weichen in Richtung Biologie stellt, kann sie ein FSJ „jedem empfehlen“. „Ich fände es sogar echt gut, wenn es ein soziales Pflichtjahr für alle gäbe.“

INFO: Eine Bewerbung für ein Soziales Jahr ist bei der Stiftung St. Franziskus schriftlich oder online möglich. Wer genau weiß, für welchen Bereich er sich interessiert, kann dies in der Bewerbung angeben. Ausführliche Informationen zu den Rahmenbedingungen bietet die Website der Stiftung St. Franziskus unter https://www.stiftung-st-franziskus.de/praktikum-und-freiwilligendienst/

 

Der Besuch bei Ziegen und Eseln macht Rebecca Blattert, FSJlerin der Stiftung St. Franziskus, genauso viel Spaß wie Slawa.
Der Besuch bei Ziegen und Eseln macht Rebecca Blattert, FSJlerin der Stiftung St. Franziskus, genauso viel Spaß wie Slawa.
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